Das Bestellerprinzip

Georg Spiegelfeld beantwortet häufig gestellte Fragen zum Thema "Bestellerprinzip"

Das Bestellerprinzip beschäftigt den Immobilienmarkt schon seit geraumer Zeit. Es wurde ins Leben gerufen, um gerade jungen Menschen und Familien eine deutliche Kostenentlastung zu bieten.

Auf den ersten Blick lässt sich das Bestellerprinzip äußerst positiv einstufen. Beleuchtet man diese Thematik und die damit verbundenen langfristigen Folgen etwas näher, wirft es erhebliche Kritikpunkte auf. Welche Auswirkungen das Bestellerprinzip auf den Immobilienmarkt, Mieter, Vermieter und Immobilienmakler hat, beantwortet Georg Spiegelfeld in diesem Interview.

1. Definition

Was besagt das Besteller­prinzip? Ab wann gibt es in Österreich?

 

Das Bestellerprinzip gibt es ab 01. Juli 2023.

 

Das Bestellerprinzip, auch als "Erstauftraggeberprinzip" bekannt, ist eine neue Regelung im Bereich der Miete von Immobilien, das seit diesem Jahr einzuhalten ist. Vereinfacht gesagt besagt dieses Prinzip, dass jene Partei, die den Vermittlungsauftrag erteilt, auch die Maklerprovision trägt. Diese Regelung gilt ausschließlich für Mietobjekte und nicht für den Kauf von Immobilien.

 

In den meisten Fällen trifft das Bestellerprinzip den Vermieter, da dieser in der Regel den Makler beauftragt, seine Immobilie zu vermieten. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen der Mieter den Makler mit der Suche nach einer passenden Wohnung beauftragt. Je nach Auftraggeber hat eben der Abgeber oder der Mieter zu zahlen.

Makler-Mieter-Vermieter-Verhältnis altes Modell

Beide Parteien tragen gleichermaßen die Maklerprovision

Makler-Mieter-Vermieter-Verhältnis lt. Bestellerprinzip - Vermieter gibt den Vermittlungsauftrag

Nur der Vermieter trägt die Maklerprovision

Makler-Mieter-Vermieter-Verhältnis bei einem Suchauftrag durch den Mieter

Der Mieter trägt die Maklerprovision

2. Auswirkungen

Hat das Bestellerprinzip auch Auswirkungen auf den Wohnungs- bzw. Hauskauf und auch deren Verkauf?

 

Nein, da das Bestellerprinzip nur bei der Miete und Vermietung von Objekten gilt.

 

 

3. Gesetzliche Grundlage

Welcher gesetzlichen Grundlage obliegt das Maklerprinzip? Wie wird die Höhe der Maklerprovision festgelegt?

 

Die gesetzliche Grundlage für das Maklerprinzip in Österreich bildet das Maklergesetz, genauer gesagt der §17. Die Höhe der Maklerprovision ist ebenfalls gesetzlich festgehalten und beträgt in der Regel zwei bis drei Brutto-Monatsmieten. Die exakte Höhe der Provision kann variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Dauer der Mietzeit. Die Maklerprovision ist demnach eben nur von einer Seite zu zahlen.

4. Sonderfälle

Gibt es Ausnahmen oder Sonderfälle, in denen der Mieter die Maklerprovision tragen muss?

 

Wenn ein Mieter aktiv ein Maklerbüro beauftragt, um ein spezifisches Objekt nach seinen Vorstellungen zu suchen, dann fällt die Maklerprovision auf den Mieter. Dies geschieht in der Regel durch einen schriftlichen Suchauftrag, den der Mieter unterzeichnet. Es gibt jedoch klare Voraussetzungen für diese Ausnahme. Der Makler muss nachweisen, dass er das gesuchte Objekt im Auftrag des Mieters gefunden hat und dass ihm dieses Objekt zuvor nicht bekannt war. Dies bedeutet, dass der Makler eine völlig neue und unabhängige Suche durchführen muss, ohne vorherige Kenntnis des Objekts. Der Makler darf auch in keinem besonderen Verhältnis zum Abgeber des Objekts stehen. In solchen Fällen, in denen der Mieter aktiv den Makler beauftragt und diese Bedingungen erfüllt sind, kann die Maklerprovision dem Mieter in Rechnung gestellt werden.

 

 

5. Die Maklerprovision fällt, wenn...

Was passiert, wenn jemand, der einen Suchauftrag gestellt hat, selbst ein Mietobjekt gefunden hat? Ist hier trotzdem eine Provision zu zahlen?

 

Wenn jemand, der einen Suchauftrag gestellt hat eigenständig ein passendes Mietobjekt gefunden hat, muss er den Makler darüber informieren. In diesem Fall entfällt die Maklerprovision. Makler arbeiten auf Basis einer Erfolgsprovision. Das bedeutet, wir erhalten nur dann eine Provision, wenn wir erfolgreich bei der Vermittlung eines Objekts tätig waren. Es ist wichtig zu betonen, dass keine Provision aus anderen Gründen, wie zum Beispiel für Besichtigungen, verlangt werden dürfen. Ausnahmen können auftreten, wenn der Makler in einer beratenden Funktion tätig ist und nicht als Vermittler. In solchen Fällen könnte der Makler ein Beratungshonorar in Rechnung stellen. Hier ist jedoch eine klare Trennung zwischen Beratung und Vermittlung von entscheidender Bedeutung.

6. Vor- und Nachteile

Welche Vorteile und Nachteile ergeben sich für Mieter/ Vermieter?

 

Das Bestellerprinzip, wie es bereits in Deutschland seit 2015 angewendet wird, birgt aus meiner Sicht nur Nachteile. Auf der einen Seite sind die Makler von den Auswirkungen des Bestellerprinzips betroffen. Durch die Verringerung ihrer Provision um die Hälfte gehen sehr viele Arbeitsplätze verloren. Andererseits führt das Bestellerprinzip dazu, dass die Mieter um ihre Beratung kommen werden, wenn der Vermieter der Auftraggeber ist. In der Vergangenheit war es üblich, dass der Makler sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter als Ansprechpartner agierte und so für einen Interessensausgleich sorgte. Mit der Einführung des Bestellerprinzips fällt diese umfassende Betreuung weg. In den meisten Fällen trifft das den Mieter, der somit auf professionelle Beratung verzichten muss und gegebenenfalls juristischen Beistand in Anspruch nehmen muss, was zusätzliche Kosten verursacht. Ursprünglich sollte das Bestellerprinzip dazu dienen, Mietern Kosten zu ersparen und sozialen Aspekten gerechter zu werden. Leider hat sich herausgestellt, dass die ursprünglichen Intentionen nicht erreicht wurden. Stattdessen wurde das Prinzip zu rein populistischen Zwecken genutzt, und das ursprüngliche Ziel, jungen Familien und Menschen mit finanziellen Herausforderungen zu helfen, geriet in den Hintergrund.

7. Auswirkungen für Makler

Beeinflusst das Bestellerprinzip die Arbeitsweise der Makler?

 

Ja, das Bestellerprinzip hat definitiv Einfluss auf die Arbeitsweise der Makler. Jetzt müssen Makler sehr genau nachweisen, wie sie gearbeitet haben und welchen Mehrwert sie für ihre Auftraggeber geschaffen haben. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen ein Suchauftrag vorliegt. Wir müssen akribisch dokumentieren, wann der Auftrag erteilt wurde, wann wir das passende Objekt gefunden haben, und welche Schritte wir unternommen haben, um den Vermittlungsprozess voranzutreiben. Eine sorgfältige und umsichtige Vorgehensweise ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, ob der Makler das Recht hat, eine Provision zu verlangen. Im Falle von Streitigkeiten oder rechtlichen Auseinandersetzungen muss der Makler über saubere und gut nachvollziehbare Daten verfügen, um alle Schritte und Bemühungen nachweisen zu können.

8. Auswirkungen für Mieter und Vermieter

Der Makler ist demnach nicht mehr als sog. "Doppelmakler" tätig. Was bedeutet das für Mieter und Vermieter? Wie verändert sich die Rolle des Maklers?

 

Früher war der klassische Makler ein Vermittler, der zwischen zwei Parteien vermittelte: einem Anbieter, der eine Immobilie hatte, und einem Suchenden, der eine passende Immobilie suchte. Seine Aufgabe bestand darin, einen Konsens zu finden, bei dem beide Seiten zufrieden waren. Dieser Ansatz führte oft zu Win-Win-Situationen, in denen sowohl Vermieter als auch Mieter von den Dienstleistungen des Maklers profitierten. Mit dem Bestellerprinzip hat sich diese dynamische Rolle des Maklers grundlegend verändert. Der Makler agiert jetzt in der Regel als Erfüllungsgehilfe eines Auftraggebers. Dies bedeutet, dass er in erster Linie die Interessen desjenigen vertritt, der den Vermittlungsauftrag erteilt hat. Wenn der Vermieter den Makler beauftragt, liegt der Fokus auf der Seite des Vermieters, während der Mieter oft auf sich allein gestellt ist. Dieser muss gegebenenfalls zusätzliche juristische Beratung in Anspruch nehmen, um die eigenen Interessen zu schützen.

 

 

9. Beratungsungleichgewicht

Wie hat sich das Verhalten von Vermietern und Maklern durch das Bestellerprinzip verändert?

 

Wenn der Vermieter nun der Auftraggeber ist, entfallen die Beratungsaufgaben des Maklers gegenüber dem Mieter. Aufgrund des einseitigen Fokus auf die Interessen des Vermieters kann es in späterer Folge zu rechtlichen Unsicherheiten und Problemen führen, insbesondere wenn es darum geht, die Interessen des Mieters zu wahren. Es gab im Vorfeld Vorschläge für alternative Modelle, die auch den Mietern mehr Unterstützung bieten sollten. Allerdings wurde dieser Ansatz weitgehend abgelehnt, und die einseitige Beratung wurde bevorzugt.

 

 

10. Erfahrungsberichte

Welche Erfahrungen haben Länder gemacht, die das Bestellerprinzip bereits seit längerer Zeit anwenden?

 

Hier bietet Deutschland ein gutes Beispiel. Dort ist das Bestellerprinzip bereits seit 2015 in Kraft. In Deutschland haben sich im Laufe der Zeit negative Auswirkungen gezeigt, auf die wir auch in Österreich hingewiesen haben. Ein signifikanter Teil des Mietmarktes, nämlich etwa 30%, ist verschwunden, da viele private Vermieter ihre Mietobjekte nicht mehr öffentlich inserieren. Die Transparenz auf Immobilienplattformen hat abgenommen, und das Ablöseunwesen hat wieder Fuß gefasst. Massenbesichtigungen sind zur Norm geworden, und einige Firmen, die speziell in diesem Sektor tätig waren, sind in Konkurs gegangen. In Deutschland haben sich die Marktteilnehmer allmählich an diese Veränderungen angepasst, doch das Leben für Makler und Kunden ist dadurch nicht zwangsläufig einfacher geworden. In Österreich haben wir versucht, einen eigenen Weg zu finden und positive Impulse zu setzen. Leider wurden die Bedenken und Erfahrungen der Branche nicht wirklich berücksichtigt. Das Bestellerprinzip wurde ohne umfassende Rücksichtnahme auf die Auswirkungen und aus populistischen Gründen eingeführt.

 

11. Streitfälle und Unsicherheiten

Sind durch das Bestellerprinzip mehr Streitfälle zwischen Mietern und Vermietern aufgekommen?

 

Wir Makler sind in unserer Rolle des Beraters auch dafür zuständig den Vermieter auf die gesetzlichen Richtlinien hinzuweisen, die es dir erlauben, oder eben nicht erlauben, einen gewissen Mietzins zu verlangen. Mit der Einführung des Bestellerprinzips kann es jedoch dazu kommen, dass Vermieter einen Mietzins festlegen und wenn der Mieter nicht bereit ist, diesen Betrag zu zahlen, sucht der Vermieter einfach nach jemand anderen, der dazu bereit ist. Oder er verlangt Ablösen und setzt den Mieter unter Druck. Diese Entwicklungen können zu unnötigen und vermeidbaren Konflikten führen. Wir haben in Deutschland beobachtet, dass in einigen Fällen Vormieter aktiv Nachmieter suchen und von ihnen Ablösen verlangen. Das Mietrechtsgesetz ist ein komplexes Thema, und wenn Makler nicht in der Lage sind, angemessen zu beraten, werden Mieter und Vermieter möglicherweise rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen müssen, um ihre Interessen zu schützen.

 

12. Kritik

Gibt es Kritikpunkte am Bestellerprinzip? Welche Argumente werden dagegen vorgebracht?

 

Ja, es gibt durchaus berechtigte Kritikpunkte am Bestellerprinzip, die wir aus Erfahrungen in Ländern wie Deutschland kennen. Diese Kritikpunkte werfen wichtige Fragen auf und verdeutlichen einige der Herausforderungen, die mit dieser Regelung verbunden sind:

 

 

Jeder ist Verlierer

 

Jeder ist Verlierer

 

Eines der Hauptargumente gegen das Bestellerprinzip ist, dass alle Beteiligten als Verlierer dastehen. Makler verlieren einen Teil ihrer Provision, Vermieter tragen in der Regel allein die Maklerkosten, und Mieter stehen vor mehr Unsicherheiten und potenziellen versteckten finanziellen Belastungen.

Es trifft nicht die, die es eigentlich bräuchten:

 

Es trifft nicht die, die es eigentlich bräuchten:

 

Das Bestellerprinzip wurde ursprünglich eingeführt, um den Mietern die finanzielle Belastung zu nehmen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Mieter dadurch um eine professionelle Beratung und ihre Interessensvertretung kommen. Das führt schließlich dazu, dass er möglicherweise einen zu hohen Mietzins, unnötige Ablösen, oder in Rechtsstreiten einen Anwalt zahlen muss.

Ablösen werden kommen:

 

Ablösen werden kommen:

 

Durch die einseitige oder sogar fehlende Beratung sehen sich Vermieter nun vermehrt in der Position von Mietern Ablösen zu verlangen. Oder, wie wir es aus Deutschland kennen, dass Vormieter aktiv nach Nachmietern suchen und Ablösen verlangen.

Unsicherheiten beim Vertrag:

 

Unsicherheiten beim Vertrag:

 

Die einseitige Fokussierung auf den Auftraggeber, sei es der Vermieter oder der Mieter, kann zu Unsicherheiten in Bezug auf den Mietvertrag führen. 

Massenbesichtigungen:

 

Massenbesichtigungen:

 

Mit der Einführung des Bestellerprinzips werden Massenbesichtigungen häufiger vorkommen. Hier bleibt oft wenig Zeit die Interessen von Mieter und Vermieter abzuwägen und geeignete Mieter für die Immobilie auszuwählen.

Objekte verschwinden vom Markt:

 

Objekte verschwinden vom Markt:

 

Ein weiteres Problem ist, dass einige Mietobjekte nicht mehr öffentlich inseriert werden, da private Vermieter Werbekosten sparen möchten. Dies erschwert die Suche nach geeigneten Mietwohnungen.

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